„Gehofft, dass es irgendwann mal fertig ist“

Der Ortsvorsteher und seine Vorgängerin sind enttäuscht: In Oberweier soll PFC-belasteter Erdaushub gelagert werden

BT 08.10.2020

BT08102020

Von Thomas Senger

Gaggenau – Überraschung – und keinesfalls eine freudige: Sowohl der amtierende Ortsvorsteher von Oberweier als auch seine Vorgängerin sehen die Pläne zur erweiterten Nutzung der Mülldeponie kritisch.

„Sprachlosigkeit“: So umschreibt Ortsvorsteher Michael Barth die Reaktionen im Ortschaftsrat, als das Gremium in der nichtöffentlichen Sitzung am 16. September über die Ergebnisse der neuen Machbarkeitsstudie unterrichtet wurde. „Da waren die Mitglieder genauso überrascht wie ich Mitte Juli“, erinnert sich Barth.

Er selbst sei bereits zu diesem Zeitpunkt nichtöffentlich vom Landkreis informiert worden, dass für die Deponie in Oberweier eine erweiterte Nutzung vorgesehen ist inklusive der Ablagerung von PFC-haltigem Bodenmaterial.

„Ein paar Jahrzehnte drauf gepackt“

In der nächsten öffentlichen Sitzung des Ortschaftsrats soll die Bevölkerung informiert werden. Vorsorglich findet der Termin in der geräumigen Jahnhalle statt. „Ich will nicht, dass draußen einer vor der Tür bleiben muss bei diesem wichtigen Thema“, begründet Barth den „Umzug“ vom kleinen Ratszimmer des Keschtedorfs in die Halle nach Gaggenau.

Wie ist die Stimmung in Oberweier zu den Deponieplänen? „Ein Großteil der Bürger hier hat gehofft, dass es irgendwann mal fertig ist. Nun werden wieder ein paar Jahrzehnte drauf gepackt“, sagt Barth zur geplanten Verlängerung der Nutzungszeit. Die größer werdende Verkehrsbelastung werde ein Thema sein, auch wenn der Lkw-Verkehr „größtenteils aus Niederweier draußen“ bleiben werde. Von Vorteil sei, dass die alten sogenannten „Übergangsdeponien“ nun endlich abgedichtet werden sollen.

Seine Vorgängerin als Ortsvorsteherin ist Rosalinde Balzer: Befreit von der Funktion als verlängerter Arm der Stadtverwaltung äußert sie sich im BT-Gespräch weniger zurückhaltend. „Ich bin nicht glücklich über die ganze Entwicklung. Ich bin sehr, sehr skeptisch. Seitens des Landkreises geht man nicht immer ehrlich mit uns um. Da ist vieles geschönt“, befürchtet sie. Jahrelang hat sie als Ortsvorsteherin das Thema Deponie begleitet; seit 2019 ist sie nur noch Mitglied im Ortschaftsrat und im Gemeinderat.

„Das wird zur Belastung“

„Man weiß nicht, was sich dort entwickelt“, sagt Balzer, „ich bin da ein gebranntes Kind. Was dort wohl noch so alles an Material abgeladen werden soll?“ Sie verweist auf den November 1986 (damals war sie noch nicht Ortsvorsteherin). „Da haben sie die Aale aus dem Rhein dort hoch geschmissen“, erinnert sie an eine Anweisung des Umweltministeriums in Stuttgart: Nach der Sandoz-Katastrophe wurden die verendeten Fische aus dem Rhein auf die Deponie nach Oberweier gebracht. „Nicht mal der damalige OB Thomas Schäuble wusste vorher was davon.“

2010, da war sie bereits Ortsvorsteherin, lief der damalige Pachtvertrag des Landkreises für die Deponiefläche aus und wurde verlängert. „Damals hat der Landkreis beabsichtigt, den ganzen Deponiekörper anzukaufen“, erinnert sich Balzer. Zum Glück sei der Gemeinderat dem Wunsch des Ortschaftsrats nachgekommen und habe einem Verkauf nicht zugestimmt. „Sonst hat man ja gar nichts mehr zu sagen da draußen, sonst machen die, was sie wollen“, sagt Balzer.

Viele Fragen seien noch offen, betont sie. Während der OB als Befürworter des Projekts vor allem das Thema Schutz der Trinkwasservorräte in der Rheinebene ins Feld führe, habe sie eine andere Sichtweise: „Als Gemeinderat und Ortschaftsrat bin ich den Bürgern in Oberweier verpflichtet.“

Das zu erwartende „enorme Verkehrsaufkommen“ von bis zu 1 500 zusätzlichen Lkw pro Jahr nennt sie im Gespräch. „Auch wenn die Deponie 600 Meter von der Wohnbebauung weg ist, wird das zur Belastung, insbesondere für Niederweier.“ Überhaupt der Lärmschutz: „Man weiß ja nicht, ob und wann Material geliefert wird, das dort geschreddert werden muss?“

Der Ortschaftsrat Oberweier tagt öffentlich am Mittwoch, 14. Oktober, ab 19 Uhr in der Jahnhalle in Gaggenau. Neben Anfragen und Bekanntgaben gibt es nur einen Punkt auf der Tagesordnung: „Vorstellung der Machbarkeitsstudie zur Überplanung und Optimierung der Entsorgungsanlage ,Hintere Dollert‘ in Gaggenau-Oberweier.“

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